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Kühlungsmodelle von Neutronensternen  

Folgt man den Vorraussagen der Kühlungsmodelle bei der Beschreibung der thermischen Evolution von Neutronensternen, so erfolgt die Abkühlung eines mit einer Kerntemperatur von $T_i \sim 10^{11}$ $\mbox{K}\;$enstandenen Neutronensterns während der ersten zehntausend Jahre hauptsächlich durch die Emission von Neutrinos aus dem hochdichten Sterninneren (vergl. Abb. A.3). Die Unterschiede der in der Literatur diskutierten Kühlungsmodelle liegen dabei in erster Linie in den Annahmen über die Eigenschaften der Materie im hochdichten Kern des Neutronensterns. Während die sogenannten Standardmodelle für die Entstehung der zur Kühlung benötigten Neutrinos lediglich die fundamentalen Reaktionsprozesse wie zum Beispiel den modifizierten URCA[*]-Prozeß betrachten, berücksichtigen die Nicht-Standardmodelle zusätzlich die mit der Existenz exotischer Elementarteilchen möglich werdenden Prozesse zur Neutrinoerzeugung (vergl. Tab. 2.1), wodurch sie insgesamt eine höhere Neutrinoemissivität und damit eine beschleunigte Abkühlung des Neutronensterns, insbesondere während den ersten 100 Jahren, erreichen.

Eine gegenüber den Standardmodellen beschleunigte Abkühlung erhält man darüberhinaus ebenfalls, wenn die Anteile der Protonen und Elektronen an der Materie im Kern des Neutronensterns oberhalb $\sim 11-15\,\%$ liegen, da in diesem Fall der direkte URCA-Prozeß möglich wird und man so eine gesteigerte Neutrinoemissivität erreichen kann (Lattimer et al 1991, Van Riper & Lattimer 1993). Die Energieabgabe durch Neutrino-Emission ist dabei, unabhängig vom jeweils ablaufenden Prozeß, um ein Vielfaches effizienter als die Abstrahlung der Energie in Form thermischer Photonen von der Oberfläche des Neutronensterns. Der Grund ist darin zu sehen, daß die Neutrinoemissivität proportional zum Volumen, die Abstrahlung thermischer Photonen dagegen proportional zur Oberfläche des Neutronensterns ist.

Abbildung A.2 zeigt zum Vergleich zwei charakteristische Neutronenstern-Kühlkurven, wie sie sich nach dem Standardmodell sowie unter der Annahme einer gesteigerten Neutrinoemissivität ergeben. Wie man erkennt, fällt die Oberflächentemperatur des fast-cooling Modells bei einem Neutronensternalter von $\sim 40-60$ Jahren plötzlich steil ab. Der Zeitpunkt der Temperaturabnahme repräsentiert dabei die Zeitspanne des Temperaturtransports vom bereits durch Neutrinoemission abgekühlten Neutronensternkern zu der zu diesem Zeitpunkt um etwa eine Größenordnung heißeren Oberfläche des Neutronensterns. Der als Temperaturinversion bekannte Effekt ist eine Eigenschaft aller fast cooling Modelle (Van Riper & Lattimer 1993) und äußert sich in einem plötzlichen Abfall der Neutronensternoberflächentemperatur.

Darüberhinaus unterscheiden sich die Kühlungsmodelle hauptsächlich durch die zur Bildung der Neutronenstern-Zustandsgleichung gewählten Beschreibung der internuklearen hadronischen Wechselwirkung oberhalb einer Sterndichte von $\rho \sim \rho_n$. Im allgemeinen erfolgt die Diskussion der Kühlraten dabei für die im folgenden beschriebenen Neutronensternmodelle.

\psfig {figure=phd1_fp.eps,height=10cm}






 Abb. A.2   Neutronensternkühlkurven nach dem Standard-FP-Modell sowie unter der Annahme einer gesteigerten Neutrinoemissivität wie sie zum Beispiel nach dem direkten URCA-Prozeß vorrausgesagt wird. Aufgetragen ist die rotverschobene Neutronensternoberflächentemperatur $T_s^\infty$ als Funktion des Sternalters.






 
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Roberto Saglia
5/6/1998