next up previous
Next: Die Faltung des Pulsprofils Up: Korrektur der Photonen-Ankunftszeiten Previous: Die Orbit-Korrektur: SCC UTC

Die Baryzentrums-Korrektur: UTC $\leadsto$ TDB

Von den bisherigen Korrekturen unberücksichtigt bleiben also alle Effekte, die durch die jährliche Bewegung der Erde um die Sonne entstehen. Dazu zählen sowohl Signallaufzeitänderungen aufgrund des mit der Bewegung der Erde sich ändernden Abstandes zur Quelle, als auch allgemeinrelativistische Einflüsse auf die irdische Zeitmessung durch das mit der Erdposition sich ändernde Gravitationspotential der Sonne. Die Korrektur dieser Effekte erreicht man dabei durch einen Übergang vom geozentrischen Koordinatensystem zu einem baryzentrischen System, indem man sowohl die Orts- als auch die Zeitkoordinate der Photon-Event-Zeiten geeignet auf den Schwerpunkt des Sonnensystems und die zugehörige Zeitskala TDB (Barycentric Dynamical Time) transformiert. Bezeichnet nun $\vec{S}$ den Positionsvektor zur beobachteten Quelle sowie $\vec{R}_{cs}$ die Vektordistanz zwischen Erd- und Sonnenmittelpunkt und $\vec{R}_{sb}$ die Vektordistanz vom Zentrum der Sonne zum Schwerpunkt des Sonnensystems, so resultiert die Transformation der Ortskoordinate in einer Korrektur der Photonen-Ankunftszeiten gemäß

\begin{displaymath}
t_c= -\frac{1}{c}\;(\vec{R}_{cs} + \vec{R}_{sb})\cdot \vec{S}\,,\end{displaymath} (3)

wobei die Bestimmung der Vektoren $\vec{R}_{cs}$ und $\vec{R}_{sb}$ unter Benutzung der JPL DE200 Erd-Ephemeriden erfolgt (Standish 1982). Der Übergang von der Zeitskala UTC zur Koordinatenzeit des Baryzentrums TDB ergibt sich entsprechend den folgenden, aus einer Post-Newtonschen Näherung abgeleiteten Gleichungen (Moyer 1981; Backer & Hellings 1986):

Die Abkürzungen der verschiedenen Zeitskalen stehen dabei jeweils für die registrierten Photonen-Ankunftszeiten, bezogen auf die entsprechende Skala. Dabei bezeichnet UTC die allgemeine koordinierte Zeit (coordinated universal time), TAI die internationale Atomzeit (international atomic time), die der Eigenzeit des Erdsystems entspricht, sowie $\Delta$AT den durch Schalt-Sekunden ('leap seconds') bedingten Unterschied zwischen TAI und UTC. Schalt-Sekunden werden dabei je nach Bedarf so eingeführt, daß der Unterschied zwischen UTC und der mittleren Sonnenzeit möglichst gering bleibt. TDT kennzeichnet die terrestrische dynamische Zeit (terrestrial dynamical time) und entspricht im Prinzip der internationalen Atomzeit, wobei jedoch gravitationsbedingte Effekte der verschiedenen zur TAI beitragenden Atom-Uhren korrigiert sind. Ferner bedeutet $CORR\_offset$ einen sich aus der Startzeit der jeweiligen ROSAT-Beobachtung ergebenden Referenzwert in JD, $M_\oplus$ die mittlere und Ec die exzentrische Anomalie der Erde, sowie $e_\oplus=0.01672$ die Exzentrizität des heliozentrischen Orbits des Erde-Mond-Schwerpunktes. Die korrigierten Photonen-Ankunftszeiten, bezogen auf den Schwerpunkt des Sonnensystems und dessen Koordinatenzeit, enthält schließlich TDB.

Mit den so korrigierten Photon-Event-Zeiten ist es nun also möglich, eine vom Experiment und systematischen Verfälschungen unabhängige Ankunftszeitanalyse durchzuführen. Die insgesamt mit diesem Verfahren erreichte Genauigkeit, relativ zur tatsächlichen TDB-Zeit, beträgt dabei wenige Millisekunden und wird in erster Linie durch den SCC/UTC-Konvertierungsfehler bestimmt. Der Beitrag der UTC/TDB-Transformation zum Gesamtfehler ist dabei wesentlich kleiner als 0.01 Millisekunden und gegenüber dem Hauptbeitrag zu vernachlässigen. Ein konstanter Gangunterschied der ROSAT-TDB-Uhr, relativ zur tatsächlichen TDB-Zeit, bewirkt dabei in der zu untersuchenden Röntgenlichtkurve eine Phasenverschiebung relativ zu der tatsächlichen Phasenlage. Es ist dabei leicht einzusehen, daß sich die Auswirkung einer solchen Ungenauigkeit umgekehrt proportional zur Rotationsperiode des zu untersuchenden Pulsars verhält. Beträgt die Pulsarperiode zum Beispiel 200 ms, so resultiert eine um den konstanten Betrag von 2 ms falsche Ankunftszeit bei der Bestimmung der absoluten Phasenlage der Lichtkurve in einen Phasenfehler von lediglich $\pm$1% der Gesamtperiode. Bei der Untersuchung eines 6 ms Pulsars beträgt der Fehler jedoch mehr als $\pm$30% der Gesamtperiode und läßt die Durchführung eines 'absoluten Timings' nur dann sinnvoll erscheinen, wenn man in der Lage ist, etwa mittels einer zusätzlichen extraterrestrischen Uhr den Betrag und das Vorzeichen des Gangunterschiedes zu bestimmen und entsprechend zu korrigieren.


next up previous
Next: Die Faltung des Pulsprofils Up: Korrektur der Photonen-Ankunftszeiten Previous: Die Orbit-Korrektur: SCC UTC

Roberto Saglia
5/6/1998