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Berechnung des erwarteten Photonenflusses bei der Beobachtung von kühlenden Neutronensternen mit ROSAT

Reicht der im Verlaufe einer Beobachtung von einer Quellposition registrierte Photonenfluß für eine detaillierte Spektralanalyse nicht aus, oder besitzt das verwendete Nachweisinstrument nur eine unzureichende Energieauflösung, wie zum Beispiel der HRI-Detektor, so lassen sich gleichwohl Informationen über die spektralen Parameter aus dem registrierten Röntgenfluß gewinnen, wenn für das beobachtete Objekt bereits verläßliche Schätzungen für Sternmasse, Radius, Entfernung und Säulendichte existieren und man - zum Beispiel gestützt auf theoretische Überlegungen - ein Schwarzkörperspektrum für die Emission der registrierten Strahlung zugrunde legen kann. Diese Voraussetzungen sind bei der Untersuchung von rotationsgetriebenen Neutronensternen im allgemeinen gut erfüllt. So folgt zum Beispiel die Distanz eines Radiopulsars bis auf etwa 25% genau aus dem durch Radiobeobachtungen bereits bekannten Dispersionsmaß[*] DM (Taylor & Cordes 1993). Fixiert man darüberhinaus das Verhältnis von freien Elektronen zu Wasserstoffatomen im interstellaren Medium, so folgt aus DM zusätzlich eine Abschätzung für die Säulendichte NH entlang der Sichtlinie zur Quelle, so daß man unter Berücksichtigung der aus den Neutronensternmodellen folgenden Abschätzungen für Masse und Radius eine obere Schranke für die thermische Emission der untersuchten Radiopulsare und damit eine obere Schranke für die Oberflächentemperatur dieser Objekte berechnen kann.

Die Ableitung der zur Durchführung dieser Berechnungen notwendigen Zusammenhänge wie Simulation der interstellaren Absorptionsprozesse und Faltung des betrachteten Spektrums mit der Detektorresponse ist Gegenstand dieses Kapitels und basiert im wesentlichen auf der Berechnung der für einen kühlenden Neutronenstern im ROSAT-Energieband erwarteten Photonenzählrate.

Die zu lösende Aufgabe entspricht der Untersuchung des Strahlungstransportes zwischen zwei vorgegeben Flächen, wobei $A_d(E,\theta)$ der energie- und feldwinkelabhängigen effektiven Fläche des ROSAT-Detektors entspricht und die zweite Fläche die Oberfläche des Neutronensterns repräsentiert. Der Raum zwischen diesen beiden Objekten ist - entsprechend dem interstellaren Medium - mit einem die Strahlung absorbierenden Gas ausgefüllt, welches die vom Ort s abhängige Dichte nH(s) besitzt und unter Beachtung des energieabhängigen, interstellaren photoelektrischen Absorptionswirkungsquerschnittes $\sigma(E)$ pro Wasserstoffatom (Morison & McCammon 1983) durch die optische Dicke $\displaystyle\tau$ dieses Gases beschrieben wird:


Bezeichnet $dE_\nu\,$ nun die infinitesimal kleine Strahlungsenergie (Energiestrom innerhalb der umhüllenden Mantelfläche zwischen Neutronenstern und Detektor), die der von der Photonenenergie und dem Feldwinkel $\theta$ abhängigen Detektorfläche $A_d(E,\theta)$ von der im Abstand d befindlichen Sternoberfläche A* im Frequenzbereich zwischen $\nu$ und $\nu+d\nu$ pro Sekunde zugestrahlt wird, so gilt:



wobei $\,I_\nu(T,\vartheta,\phi)\,$ gemäß $\,[I_\nu] =(\mbox{erg s}^{-1}\,
\mbox{cm}^{-2}\,\mbox{Hz}^{-1}\,\mbox{sr}^{-1})\,$ die pro Sekunde pro Flächeneinheit und Raumwinkel im Frequenzbereich zwischen $\nu$ und $\nu+d\nu$ vom Stern in Richtung $(\vartheta,\phi)$ abgestrahlte Intensität bezeichnet. Folgt die Energieverteilung der abgestrahlten Photonen einem reinen Schwarzkörperspektrum, wie man es näherungsweise für kühlende Neutronensterne erwartet, so ist die emittierte Strahlung isotrop und die Intensität nur eine Funktion der Temperatur allein. Das heißt, die von der strahlenden Fläche emittierte Intensität stimmt mit der mittleren durch die Planck-Funktion beschriebenen Strahlungsintensität der Quelle überein, und es gilt[*]:

\begin{displaymath}
I_\nu(T,\vartheta,\phi)=\bar{I}_\nu(T)=B_\nu(T).\end{displaymath} (7)

Berücksichtigt man nun noch die aus der Strahlungstransportgleichung folgende exponentielle Abhängigkeit der Intensität von der optischen Dicke des durchstrahlten Mediums:

\begin{displaymath}
I_\nu(T,N_H)=I_\nu(T) \cdot e^{-\tau(E,N_H)}\,,\end{displaymath} (8)

so folgt damit:
$\textstyle\parbox{9.5cm}{
\begin{displaymath}
dE_\nu = B_\nu(T)\cdot e^{-\tau(E,N_H)}\cdot \frac{A_*}{d^2}\cdot
A_{eff}(\nu,\theta)\,d\nu\,,\end{displaymath}}$  % latex2html id marker 3212
$\textstyle\parbox{1.5cm}{\begin{equation}\end{equation}}$

worin     $\textstyle\parbox{5cm}{\begin{displaymath}
B_\nu(T)= \frac{2\,h\,\nu^3}{c^2}\; \frac{1}{e^{\frac{h\,
\nu}{k\,T}} -1}\end{displaymath}}$ mit    $\textstyle\parbox{4cm}{\begin{displaymath}
\left[\; B_\nu(T)
\;\right] = \frac{\mbox{erg}}{\mbox{s cm}^2\,\mbox{Hz sr}}\end{displaymath}}$ % latex2html id marker 3215
$\textstyle\parbox{3cm}{\begin{equation}\end{equation}}$ die unabsorbierte Strahlungsintensität des Sterns pro Flächeneinheit, Zeiteinheit, Raumwinkel $d\Omega$ und Frequenzintervall $d\nu$ bedeutet. Da nun ein Photon gerade die Energiemenge $E_\nu=h\cdot \nu$ transportiert, so sollte nach C.22 das Energiespektrum der Schwarzkörperstrahlung am Detektor der folgenden Gleichung genügen:

 
 \begin{displaymath}
{\displaystyle dN_E} = \frac{\displaystyle\; A_*\;}{\display...
 ...\displaystyle-\sigma(E)\,\int\limits_{0}^{d} n_H(s)\,ds}\,dE\,.\end{displaymath} (9)

Die Einflüsse der gravitativen Rotverschiebung auf die das Gravitationspotential des Neutronensterns verlassenden Photonen sind dabei gemäß den folgenden Gleichungen zu berücksichtigen:

\begin{displaymath}
A_*=\pi\,R_\infty^2\,,\;\;\;\; R_\infty=(1+z)\,R_0\,,\;\;\;\...
 ...,,\;\;\;\; 
z = \left(1-\frac{2\,G\,M}{R_0\,c^2}\right)^{-1}\,.\end{displaymath}

Integriert man nun Gleichung C.24 über den für den ROSAT-PSPC- und HRI-Detektor zugänglichen Energiebereich von $\sim
0.07-2.4$ keV, so ergibt sich schließlich:

 
 \begin{displaymath}
N = \frac{2\,\pi\,(1+z)^2\, R^2_0}{h^3\,c^2\,d^2}\; \int\lim...
 ...0}^{d}
n_H(s)\,ds}} {e^{\frac{ (1+z)\, E}{K\, T_0}} - 1}\;dE\,,\end{displaymath} (10)

also eine Gleichung, die bei Kenntnis der entsprechenden stellaren Neutronensternparameter, wie Distanz $d\/$ und Säulendichte NH sowie Sternmasse M und Neutronensternradius R0, die im ROSAT-Energieband für kühlende Neutronensterne erwartete Photonenzählrate liefert, sofern man für deren emittierte Strahlung ein reines Schwarzkörperspektrum zugrunde legen kann. Interessiert man sich dagegen für die Neutronensterntemperatur T0, die einen gewissen Photonenfluß hervor ruft, so erhält man diesen Wert durch Vorgabe von N und Iteration der Integralgleichung C.25.


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Roberto Saglia
5/6/1998