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Lösung der Bewegungsgleichung

Nachdem wir nun einen (relativ einfachen) Ausdruck für die Linienbeschleunigung gefunden haben, können wir uns daran machen, die hydrodynamische Struktur des Windes zu untersuchen. Dabei gilt es, folgende hydrodynamische Gleichungen (für stationäre, sphärisch-symmetrische Strömungen) zu berücksichtigen:

1. Die Kontinuitätsgl.: ${\dot M}= 4 \pi r^2 \rho v$,

2. die Impulsgl.: $v \frac{{\rm d}v}{{\rm d}r}= - \frac{1}{\rho} \frac{{\rm d}p}{{\rm d}r}
- g_{\rm grav}(1-\Gamma) + g_{\rm rad}^{\rm tot}$,

3. die Zustandsgl: $ p = \rho a^2$,

wobei p der Druck, a die isotherme Schallgeschwindigkeit, $g_{\rm grav}$die Schwerebeschleunigung des Sternes und $\Gamma$ das Verhältnis von Thomsonsbeschleunigung (Strahlungsbeschleunigung aufgrund der Streuung von Photonen an freien Elektronen, $\propto r^{-2}$) und Schwerebeschleunigung ist. Man beachete: $\Gamma < 1$ für stabile Sterne, $\Gamma = $ O[0.5] für Überriesen.

Diese Gleichungen wollen wir nun für den Überschallbereich des Windes lösen. In diesem Bereich lassen sich die Druckkräfte vernachlässigen (warum?), und wir finden unter Verwendung der Kontinuitätsgleichung und (17) die Bewegungsgleichung des Windes im Überschallbereich:

\begin{displaymath}
r^2 v \frac{{\rm d}v}{{\rm d}r}= -GM(1-\Gamma) \,+\, C'\, L {\dot M}^{-\alpha} (r^2 v
\frac{{\rm d}v}{{\rm d}r})^{\alpha}\end{displaymath} (15)
mit Masse des Sternes M, gesamter Leuchtkraft $L = \int L_{\nu} {\rm d}\nu$und Konstante C'. (Wie lautet C'?)

Obige Gleichung läßt sich unter Verwendung der Variablen $z=r^2 v {\rm d}v / {\rm d}r,
z = $ const, (alle anderen Größen konstant) einfach lösen (z.B. graphisch), und wir finden nur dann eine eindeutige Lösung für die Massenverlustrate, falls gilt:

\begin{displaymath}
{\dot M}\propto L^{\frac{1}{\alpha}} \Bigl(M(1-\Gamma)\Bigr)^{1-\frac{1}{\alpha}},\end{displaymath} (16)
während wir aus der Konstanz von z durch einfache Integration das von der Massenverlustrate unabhängige Geschwindigkeitsgesetz


finden. $R_{\ast}$ ist der stellare Radius, und der zweite Faktor, der die Endgeschwindigkeit des Windes bestimmt, ist nichts anderes als die (photosphärische) Fluchtgeschwindigkeit $v_{\rm esc}$.

Wie gesagt, ist die gesamte obige Ableitung in einigen Teilen stark vereinfacht. Zieht man jedoch die Analyse vollständig durch (die entsprechenden Verfeinerungen werden im Praktikum besprochen), so ergeben sich keine gravierenden Änderungen. So bleibt die Skalierungsrelation für ${\dot M}$ vollständig erhalten, und auch an der Proportionalität $v_{\infty}\propto v_{\rm esc}$ ändert sich nichts. (Nur die Proportionalitätskonstante ist verschieden). Die wichtigste Änderung betrifft die Form des Geschwindigkeitsfeldes. Der Exponent 1/2 ist nicht mehr länger gültig, sondern

 
 \begin{displaymath}
v(r) = v_{\infty}\Bigr(1-\frac{R_{\ast}}{r}\Bigr)^{\beta} ,\end{displaymath} (17)
wobei in den meisten Fällen $\beta \approx 0.8$. Dieser Exponent $\beta$ entspricht der in Kap. 4 eingeführten Größe.


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Roberto Saglia
5/7/1998