next up previous
Next: Lösung der Bewegungsgleichung Up: Die Linienstrahlungsbeschleunigung Previous: Impulsübertrag in einer Linie

Linienensemble

Nun absorbiert natürlich nicht nur eine Linie, sondern eine (sehr) große Zahl (etliche Millionen), wobei einige Zehntausend für die Gesamtbeschleunigung $g_{\rm rad}^{\rm tot}$ relevant sind. Um also diese zu berechnen, müssen wir über alle einzelnen Beiträge summieren, und erhalten


Die optische Tiefe der Linien läßt sich nun (im Rahmen einer gewissen Näherung, der sog. ``Sobolev-'' oder Überschallnäherung) als Funktion des Geschwindigkeitsgradienten, der Dichte und der sog. Linienstärke ki angeben. (Eigentlich sollte ki dimensionslos sein, deshalb treten in realiter noch zwei Normierungsgrößen auf - welche könnten das sein? Aus Gründen der Vereinfachung begnügen wir uns aber mit folgender Definition.)

 
 \begin{displaymath}
\tau_i = \frac{k_i \rho}{{\rm d}v / {\rm d}r}\end{displaymath} (10)
Die wichtigste Eigenschaft der Linienstärke ist es, daßsie alle atom- und plasmaphysikalischen Details des betreffenden Überganges enthält, und für die meisten Linien praktisch konstant im Wind ist.

Aus obiger Definition ist sofort ersichtlich, daßder ``Grenzwert'' $\k1$,der optisch dünne von optisch dicken Linien separiert, nur von den (lokalen) Windeigenschaften abhängt.

\begin{displaymath}
1 = \frac{\k1 \rho}{{\rm d}v / {\rm d}r} \,\, \rightarrow\,\, \k1 = \frac{{\rm d}v / {\rm d}r}{\rho}\end{displaymath} (11)
Man beachte, daßalso $\k1$ im Gegensatz zu ki im allgemeinen über den Wind variieren wird. Unter Verwendung dieser Größe läßt sich die gesamte Strahlungsbeschleunigung folgendermaßen schreiben:

 
 \begin{displaymath}
g_{\rm rad}^{\rm tot}= \frac{1}{4 \pi r^2 c^2} \Bigl(\sum_{k...
 ...m i}k_i 
 \,+\,\k1 \sum_{k_i \ge \k1} L_{\nu} \nu_{\rm i}\Bigr)\end{displaymath} (12)
Auch aus dieser Gleichung ist der Sättigungseffekt sofort ersichtlich: optisch dicke Linien verhalten sich alle gleich, während optisch dünne Linien entsprechend ihrer jeweiligen Linienstärke reagieren.


  
Abbildung: Logarithmische Darstellung der Linienstärkenverteilungsfunktion eines stellaren Windmodelles mit Teff=40000K. Gepunktet sind die Ergebnisse aus einem Modellatmosphärencode, gestrichelt ein Potenzgesetzfit entsprechend Gl. 15.
\begin{figure}
\centerline{\hbox{
 
\psfig {figure=uwe_k.eps,width=12cm}

 }}\end{figure}

Die gesamte bisherige Vorgehensweise nützt uns bisher nicht allzu viel, da wir immer noch die Linienstärken der optisch dünnen Linien benötigen. Für das weitere Vorgehen kommt uns nun jedoch ein interessantes Faktum zu Hilfe, das nicht unmittelbar einsichtig ist und hier nur angegeben wird: Betrachtet man ein großes Ensemble von Linien, so genügen diese Linien bzgl. ihrer Stärke einer einfachen Statistik (vgl. Abb. 14): Die Anzahl der Linien in einem Frequenzintervall $\nu, \nu + {\rm d}\nu$ mit Linienstärken $k_i, k_i + {\rm d}k_i$ kann durch ein Potenzgesetz beschrieben werden

 
 \begin{displaymath}
{\rm d}N(\nu, k_i) = \,-\,N_{\rm o}\,f_{\nu}(\nu)\, k_i^{\alpha-2}\, {\rm d}\nu \,{\rm d}k_i,
\,\, 0 < \alpha < 1,\end{displaymath} (13)
wobei die Frequenzverteilung unabhängig von der Linienstärkenverteilung ist! (Die bislang unterdrückten Dimensionen werden in $N_{\rm o}$ mitberücksichtigt.) Ersetzt man nun in Gl. 14 die Summen durch entsprechende Doppelintegrale und verwendet (15), so findet man


Die zweite Gleichung zeigt zwei Punkte auf: Sowohl die optisch dicke als auch die optisch dünne Linienbeschleunigung skalieren mit der gleichen Potenz $\alpha$, und das Verhältnis dieser Beschleunigungen ist durch $\alpha/(1-\alpha)$ gegeben, entspricht also bei einem Wert von $\alpha \approx 2/3$ (Vgl. Abb. 14) einem Faktor 2!

Unser ENDERGEBNIS für die Linienbeschleunigung läßt sich also folgendermaßen formulieren:

 
 \begin{displaymath}
g_{\rm rad}^{\rm tot}= \frac{\rm const}{4 \pi r^2} \Bigr(\frac{{\rm d}v / {\rm d}r}{\rho}\Bigr)^{\alpha},\end{displaymath} (14)
und hängt, bis auf die Normierungskonstante und den Exponenten, nur noch von hydrodynamischen Größen ab. (Die wahre Kunst der Windrechnungen ist es jedoch, gerade diese beiden Größen, in die die Besetzungszahlen aller beitragenden Ionen eingehen, konsistent zu berechnen!)


next up previous
Next: Lösung der Bewegungsgleichung Up: Die Linienstrahlungsbeschleunigung Previous: Impulsübertrag in einer Linie

Roberto Saglia
5/7/1998